Was Allergiepatienten über Corona wissen müssen

Haben Allergiepatienten ein erhöhtes Infektionsrisiko?

Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie sind viele Allergiepatienten besorgt, ob sie vielleicht aufgrund ihrer Erkrankung empfindlicher auf das Corona-Virus SARS-CoV-2 reagieren und damit leichter an Covid-19 (Corona virus disease 2019) erkranken als andere. Die Antwort aller Experten lautet eindeutig: Nein, Allergiker sind nicht gefährdeter sich anzustecken als Menschen ohne Allergien! Dies gilt für alle Formen von Allergien wie z.B. allergische Rhinitis oder Rhinokonjunktivitis (Heuschnupfen), allergisches Asthma, Lebensmittelallergien sowie auch für atopisches Ekzem bzw. Neurodermitis.

Allergologen geben Entwarnung

Prof. Dr. med. Torsten Zuberbier, Allergologe von der Charité in Berlin, entwarnt in einem Ärzte-Webinar von LETI: „Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass allergische Patienten ein schlechteres Immunsystem haben. Es gibt sogar erste Hinweise darauf, dass ihr Immunsystem unter manchen Aspekten besser arbeitet als bei nicht an Allergien erkrankten Menschen. Das ist aber noch nicht bewiesen.“

Auch Professor Dr. med. Karl-Christian Bergmann vom Polleninformationsdienst beruhigt: „Personen mit einem Heuschnupfen haben keine verminderte immunologische Abwehr, sie sind nicht immungeschwächt und die Abwehr gegen Bakterien und Viren ist bei ihnen normal“.

 

Neue Studien zum Ansteckungsrisiko von Allergikern

In einer im November 2021 veröffentlichten Studie aus Großbritannien zur Wahrscheinlichkeit einer SARS-CoV-2 Infektion fiel z.B. auf, dass Menschen, die unter Erkrankungen wie allergischem Schnupfen oder Neurodermitis litten, sich seltener mit SARS-CoV-2 ansteckten als Nichtallergiker. Forschende aus den USA stellten in einer im Mai 2022 veröffentlichten Beobachtungsstudie fest, dass Menschen mit einer Nahrungsmittelallergie ein geringeres Ansteckungsrisiko haben. Die Zusammenhänge sind nicht klar, es gibt aber Hypothesen, dass Allergiker weniger Andockstellen für SARS-CoV-2 haben, die Viren bei ihnen also weniger Chancen haben, in die Körperzellen einzudringen. 

Allergiepatienten müssen alle Schutzmaßnahmen einhalten

Selbstverständlich gelten aber auch für Allergiepatienten dieselben Schutzmaßnahmen gegen Infektionen, die von Behörden und Gesundheitsexperten zur Eindämmung der Pandemie für die gesamte Bevölkerung empfohlen werden. Das Bundesgesundheitsministerium hat die Webseite WWW.ZUSAMMENGEGENCORONA.DE mit allen wichtigen Informationen zur aktuellen COVID-19 Lage eingerichtet. Beachten Sie unbedingt auch die regionalen Bestimmungen der Behörden.

Omikron oder Pollenallergie: Wie kann ich die Symptome unterscheiden?

In milden Wintern beginnt der Pollenflug von Frühblühern wie Hasel oder Erle teilweise schon im Dezember oder Januar. Pollen von spätblühenden Arten wie z.B. Gräsern sind vereinzelt noch bis in den November zu finden. Allergiepatienten leiden dann vermehrt unter Heuschnupfen, Neuodermitisschüben oder allergischem Asthma. Das führt zu Verunsicherungen.

Tatsächlich verursacht Omikron sehr ähnliche Krankheitsmerkmale wie eine Pollenallergie: Husten, Schnupfen und Halsschmerzen können laut Robert Koch-Institut (RKI) Hinweise auf eine Infektion mit dem Coronavirus sein. Geschmacks- oder Geruchsverlust sind mit der Omikron-Variante dagegen kaum noch typische Corona-Anzeichen.

Eine wichtige Unterscheidung ist: Pollenallergien verursachen kein Fieber, sind aber oft von einem Jucken in Augen, Nase und Rachen und tränenden Augen begleitet - bei einer Omikron-Infektion kommt das eher selten vor.

FFP2-Masken halten übrigens nicht nur Corona-Viren von den Atemwegen fern, sie verhindern auch, dass Pollen in Mund und Nase eindringen und können somit auch Allergiepatienten helfen, die Symptome einer Allergie zu lindern.

Was sollten Allergiker über die Corona-Impfung wissen?

Für Personen mit bekannten Erkrankungen aus dem allergisch-atopischen Formenkreis ist aus den derzeit vorliegenden Daten kein erhöhtes Risiko für schwerwiegende unerwünschte Wirkungen einer Impfung mit den in Deutschland zugelassenen COVID-19 Impfstoffen abzuleiten – so die Information des Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das in Deutschland für die Sicherheitsbewertung von Impfstoffen zuständig ist. Eine Ausnahme sind bekannte Allergien auf Inhaltsstoffe des Impfstoffs oder eine schwere Unverträglichkeitsreaktion auf eine bereits erfolgte COVID-19 Impfung oder andere Impfstoffe. 

Grundsätzlich gilt: bei allen Impfstoffen können nach Anwendung in sehr seltenen Fällen schwere allergische Reaktionen auftreten. Im Anschluss an die Impfung sollten die Patienten daher 15 Minuten beobachtet werden. Bei Bedenken sollte eine individuelle Beratung beim Allergologen vorausgehen und die Beobachtungszeit auf 30 Minuten verlängert werden. Das PEI rät außerdem ab von der Einnahme von Antiallergika vor der Impfung, da eine allergische Reaktion dann verzögert auftreten könnte.

Aktuelle Informationen zu Allergie und COVID-19 Impfung stellen unter anderem die DGAKI und das Robert Koch-Institut (RKI) zur Verfügung.

 

Können Allergiker sich parallel zu einer Allergie-Behandlung impfen lassen?

Allergiepatienten, die eine Hyposensibilisierung machen, können sich auch impfen lassen. Unverträglichkeiten zwischen zugelassenen Impfstoffen und der Hyposensibilisierung sind nicht bekannt. Patienten sollten auf genug Zeitabstand zwischen der Impfung und der Behandlung achten. Bei der subkutanen Hyposensibilisierung wird z.B. vor und nach Impfung ein Mindestabstand von einer Woche empfohlen. Damit die Hyposensibilisierung wirkt, sollte sie auch während der Corona-Pandemie regelmäßig fortgeführt werden. 

Auch Patienten, die aufgrund schwerer Verlaufsformen atopisch-allergischer Erkrankungen immunmodulierende Monoklonale Antikörper (sog. Biologika) erhalten, haben nach derzeitigem Kenntnisstand kein erhöhtes Risiko für allergische Nebenwirkungen der COVID-19 Impfung. Um mögliche Wechselwirkungen auszuschließen, sollte aber auch hier ein zeitlicher Abstand von einer Woche zwischen der Impfung und der Anwendung der Biologika eingehalten werden, so die Empfehlung im Positionspapier der deutschen allergologischen Fachgesellschaften.  

Was muss ich bei Medikamenten und Therapien beachten?

Antiallergische Medikamente wie Kortison-Nasensprays, oder Antihistaminika als Tabletten, Augentropfen und Nasensprays sind wichtig für Betroffene und sollen wie gewohnt und wie mit dem behandelnden Arzt besprochen weiter eingenommen werden. Da diese Medikamente überwiegend rezeptfrei erhältlich sind, ist dazu kein Arztbesuch erforderlich. Dies betont die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie (DGAKI), Professorin Dr. med. Margitta Worm von der Charité in Berlin in einem Interview mit dem Patienteninformationsdienst MEINALLERGIEPORTAL.

Schwächt Kortison das Immunsystem?

Viele Allergiepatienten nehmen bei starkem Pollenflug Kortison, weil es schnell die schlimmsten Symptome von starkem Heuschnupfen und allergischem Asthma lindert. Für die Sorge, Kortison-Sprays könnten das Immunsystem schwächen und das Infektionsrisiko dadurch erhöhen, gibt es aus der Literatur keine Hinweise. “Nur Kortison in Tablettenform und in höherer Dosierung hat einen Einfluss auf die Immunabwehr des Körpers“, erklärt Dr. med. Karl-Christian Bergmann vom Polleninformationsdienst.

Unbedenklich seien die Kortison-Inhalation oder Kortison-Sprays für die Nase. In diesen Formen gelangt Kortison nur in sehr geringen Spuren in den Blutkreislauf. Sie sollten daher weiterhin eingenommen werden. Diese Einschätzung teilt auch die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI), Prof. Margitta Worm: „Inhalative Steroide wie Kortison unterdrücken nicht das Immunsystem – vielmehr mildern sie die Entzündungsreaktion in den Schleimhäuten, und sollten deshalb auf alle Fälle weiter angewandt werden, um einer Verschlechterung einer chronisch entzündlichen Atemwegserkrankung vorzubeugen.“

Was ist bei Kindern mit Allergien zu beachten?

Kinder mit allergischem Schnupfen sollten eine Dauertherapie mit Kortisonsprays oder Kortisonsalben unverändert beibehalten, empfiehlt die Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA).

Ebenso sollte die Therapie eines Asthma bronchiale mit inhalativen Kortisonpräparaten unverändert fortgesetzt werden. Eine Hyposensibilisierung gegen Pollen oder Milben sollte auch in Covid-19-Zeiten nicht unterbrochen werden. Ob eine Hyposensibilisierung jetzt begonnen werden kann, sollte mit den behandelnden Allergologen individuell besprochen werden.

Wenn die Lunge betroffen ist: die besondere Situation bei allergischem Asthma

Auch bei Personen mit allergischem Asthma besteht nach aktuellem Kenntnisstand kein erhöhtes Ansteckungsrisiko. Aber: Eine Corona-Erkrankung könnte bei diesen Patienten stärker verlaufen als bei Gesunden. Daher muss das Asthma gut kontrolliert werden!
Das heißt: Medikamente sollen auf jeden Fall weiter eingenommen werden wie bisher. Es sollte kontrolliert werden, ob das Medikament richtig inhaliert wird.

Die Asthmaspezialisten von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin empfehlen angesichts der Corona-Situation, bei Kindern und Erwachsenen mit Asthma eine adäquate und individuell eingestellte antiasthmatische Inhalationstherapie (insbesondere auch eine ICS-Therapie, also mit inhalativen Corticosteroiden) nicht zu ändern oder gar zu beenden.

Es bestehe die Gefahr, dass sich das Asthma dadurch in bedrohlicher Weise verschlechtert und ansonsten unnötige Arztbesuche oder Krankenhausaufenthalte erforderlich macht, die das Risiko möglicher Kontakte mit Covid-19-Patienten einschließen. Eine erfolgreiche Inhalationstherapie bei Patienten mit Asthma sollte daher auch und gerade in der aktuellen Corona-Pandemie unverändert fortgesetzt werden.

Wenn die Lunge betroffen ist: die besondere Situation bei allergischem Asthma

Auch bei Personen mit allergischem Asthma besteht nach aktuellem Kenntnisstand kein erhöhtes Ansteckungsrisiko. Aber: Eine Corona-Erkrankung könnte bei diesen Patienten stärker verlaufen als bei Gesunden. Daher muss das Asthma gut kontrolliert werden!
Das heißt: Medikamente sollen auf jeden Fall weiter eingenommen werden wie bisher. Es sollte kontrolliert werden, ob das Medikament richtig inhaliert wird.

Die Asthmaspezialisten von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin empfehlen angesichts der Corona-Situation, bei Kindern und Erwachsenen mit Asthma eine adäquate und individuell eingestellte antiasthmatische Inhalationstherapie (insbesondere auch eine ICS-Therapie, also mit inhalativen Corticosteroiden) nicht zu ändern oder gar zu beenden.

Es bestehe die Gefahr, dass sich das Asthma dadurch in bedrohlicher Weise verschlechtert und ansonsten unnötige Arztbesuche oder Krankenhausaufenthalte erforderlich macht, die das Risiko möglicher Kontakte mit Covid-19-Patienten einschließen. Eine erfolgreiche Inhalationstherapie bei Patienten mit Asthma sollte daher auch und gerade in der aktuellen Corona-Pandemie unverändert fortgesetzt werden.
 

Sollte eine laufende Hyposensibilisierung während der Corona-Pandemie fortgeführt werden?

„Grundsätzlich ist die Hyposensibilisierung bei Allergien in der jetzigen Situation überhaupt kein Problem. Selbst wenn ich schon mit dem Corona-Virus infiziert wäre und würde eine Spritze bekommen oder eine sublinguale Therapie, dann wäre das für den Patienten sicher nicht schädlich“, entwarnt Prof. Dr. med. Ludger Klimek in einem VIDEO MIT DEN DEUTSCHEN ALLERGIE- UND ASTHMABUND E.V.

Prof Dr. med. Zuberbier von der Charité in Berlin erklärt im LETI-Expertenchat: Die Hyposensibilisierung modifiziert das Immunsystem nur spezifisch für ein oder eine kleine Gruppe von Allergenen. Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass die Abwehr gegen das Virus SARS-Cov-2 beeinträchtigt wäre.
Dies gilt auch für Kinder: Laut der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA) gibt es derzeit ebenfalls keine Gründe, eine Hyposensibilisierung zur Behandlung von Pollen- oder Milbenallergien bei gesunden Patienten zu unterbrechen.

Die Fachgesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie (DGAKI) empfiehlt,  eine Hyposensibilisierung bei beschwerdefreien und gesunden Patienten auch während der COVID-19-Pandemie fortzuführen. Bei Zeichen einer Infektion wie Fieber, unklarem Husten oder reduziertem Allgemeinzustand sollte die Hyposensibilisierung aber ausgesetzt und zu einem späteren (beschwerdefreien) Zeitpunkt fortgeführt werden. Falls die Therapie unterbrochen werden musste, wird der behandelnde Arzt ggf. eine Dosisanpassung vornehmen. Die SLIT sollte unter ärztlicher Kontrolle wieder aufgenommen werden.“

Die DGAKI empfiehlt außerdem, die Biologika-Behandlung bei Allergie- und Asthmapatienten mit moderater bis schwerer Symptomatik (Anti-IgE, Anti-IL-4/IL-13-Rezeptor und Anti-IL-5 bzw. Anti-IL-5-Rezeptor) fortzusetzen.
Sprechen Sie in jedem Fall mit Ihrem behandelnden Arzt, wie die nächsten Termine in der Praxis unter dem Gesichtspunkt des Infektionsschutzes am besten zu organisieren sind.

Bleiben Sie gesund und überstehen Sie gut die Pollensaison und die Corona-Krise!

Bitte beachten Sie:

Dieser Artikel stellt den Stand von August 2022 dar. Es gibt fortlaufend aktuelle Entwicklungen. Wir bemühen uns, diese Informationen immer auf dem neuesten Stand zu halten.
 

Links
Unter diesen Adressen sind ebenfalls aktuelle Informationen zu Corona und Allergien für Patienten und medizinisches Personal zu finden:


•    WWW.DGAKI.DE
•    WWW.AEDA.DE
•    WWW.PNEUMOLOGIE.DE
•    WWW.GPAU.DE
•    WWW.POLLENSTIFTUNG.DE
•    WWW.MEIN-ALLERGIE-PORTAL.COM
•    WWW.DAAB.DE